KZ-Gedenkstätte
DIE GESCHICHTE DES ORTES
Im Jahre 1943 erfolgte in unmittelbarer Nähe des von der Wehrmacht errichteten Flugplatzes der Wiederaufbau der in Wismar durch englische Bomber zerstörten Flugzeugfabrik der Dornierwerke. Die Fachkräfte aus Wismar wurden in den Baracken des Fliegerhorstes einquartiert, ebenso in den besetzten osteuropäischen Ländern geworbene Volksdeutsche und Fremdarbeiter.
Da das Arbeitskräftepotenzial nicht ausreichte, verhandelte der Leiter der Werke mit dem Führer des Arbeitseinsatzes des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück über die Bereitstellung von etwa 900 Häftlingsfrauen.
Am 01. September 1944 war das Außenlager eingerichtet. Bei den Häftlingen handelte es sich zunächst um Polinnen, die im Zusammenhang mit dem Warschauer Aufstand verhaftet wurden, sowie Frauen aus Ländern der Sowjetunion und anderer Nationalitäten aus den von Deutschland besetzten Gebieten.
Außer den Arbeiten in den Dornierwerken erfolgte die Montage von Flugzeugmotoren und –fahrgestellen im nahe gelegenen Lederwerk, sowie der Einsatz in Tarn – und Rollkommandos und bei Schacht- und Erdarbeiten zum Bau von Schutzbunkern und Laufgräben.
Ab Mitte Februar bis Ende April 1945 trafen vor allem Transporte mit vorwiegend jüdischen Frauen und Mädchen aus Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei, der Sowjetunion, Jugoslawien, Rumänien, Holland, Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland und anderen Ländern ein, die aus Auschwitz-Birkenau kommend den Todesmarsch überlebt hatten. Die Zahl der Häftlinge wuchs auf etwa 5000 an. Unterernährung, Krankheiten und brutale Gewalt führten zum Tode von etwa 1000 Häftlingen.
Am Morgen des 02. Mai 1945 verließen die Angehörigen der Wachmannschaften in Zivilkleidung das Lager. Am Nachmittag des 02. Mai besetzte die Rote Armee den Flugplatz, das Lager und die Stadt.
DER ORT ALS GEDENKSTÄTTE
Erst nach 1990 ist es einzelnen ehemaligen Häftlingsfrauen, -mädchen und –kindern möglich, den Ort ihres Leidens zu besuchen. Die heute in Israel lebende Schriftstellerin Halina Birenbaum bittet um die Errichtung eines Gedenksteins, der im Jahre 1995 anlässlich des 50. Jahrestages der Befreiung in der Nähe des Lagers errichtet wird.
Mitte der neunziger Jahre beschäftigt sich der ehemalige Redakteur und zugezogene Bürger Karl-Heinz Schütt mit der Geschichte des Außenlagers. In den Folgejahren publiziert er 4 Bücher. Sie basieren vornehmlich auf den Aussagen ehemaliger Häftlingsfrauen, -mädchen und –kinder.
Im Jahre 2000 konzipiert die Stiftung Deutsches Holocaust Museum Berlin einen Gedenkweg und errichtet ein Jahr danach eine Informationstafel im ehemaligen Eingangsbereich des Lagers, sowie später einige kleinere Tafeln mit Objektbezeichnungen an den Standorten einzelner Baracken.
Im Jahre 2002 wird mit Unterstützung der Brandenburgischen Gedenkstätten eine kleine Ausstellung über das Lager im Museum der Burg Neustadt-Glewe aufgebaut.
Seit dem Jahre 1999 organisiert die Stadt Neustadt-Glewe regelmäßig mehrtägige Gedenkveranstaltungen mit Zeitzeugen, Angehörigen, Schülern und Gästen aus dem In- und Ausland.
Das in wesentlichen Bereichen von üppigem Wildwuchs gekennzeichnete Lagergelände erfährt im Jahre 2021 mit Beschluss der Stadtvertretung Neustadt-Glewe eine umfassende Neugestaltung.
Die feierliche Einweihung erfolgt im Mai 2022 im Beisein einer Zeitzeugin aus der Republik Polen, die als Kind am 02. Mai 1945 im Außenlager Neustadt-Glewe befreit wurde.
NEUKONZEPTION DER GEDENKSTÄTTE
Das Gelände des ehemaligen Außenlagers Neustadt-Glewe war in wesentlichen Bereichen von üppigem Wildwuchs gekennzeichnet. Einige der dort im Verlaufe der Jahrzehnte ebenfalls gewachsenen Laubbäume wurden zudem durch starke Stürme gebrochen oder entwurzelt.
Außer einem auf Wunsch ehemaliger Häftlingsfrauen im Jahre 1995 außerhalb des eigentlichen Lagergeländes errichteten Gedenksteins, einer im Jahre 2001 errichteten Informationstafel im ehemaligen Eingangsbereich und einer kleinen Ausstellung im Städtischen Museum, erinnerte nichts an den Ort des Grauens.
Im Jahre 2020 plante die Stadt Neustadt-Glewe eine umfassende Neugestaltung der Gedenkstätte, die durch Unterstützung aus dem Förderprogramm zur lokalen Entwicklung LEADER-RL M-V und des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur M-V im Jahre 2022 umgesetzt werden konnte.
Auf der Grundlage „Die Natur gibt dem Ort die Ruhe, die die Opfer verdient haben“, entwarf das Architekturbüro rutsch & rutsch mit den Diplomingenieuren Christine Hess-Petersen Rutsch und Torsten Rutsch ein außergewöhnliches Gestaltungskonzept.
Ehemalige Gebäude wurden nur zurückhaltend angedeutet, in dem alle damaligen Wege, Plätze und Freiflächen zwischen und um die Baracken herum kurz gemäht wurden, die Standorte der Baracken jedoch blieben unberührt. Lediglich eine Ecke eines jeden Gebäudes erhielt eine Metallwinkelstehle, hierauf befinden sich Schilderungen überlebender Frauen und Mädchen des Konzentrationslagers.
Den Auftakt zur Gedenkstätte bildet ein kreisförmiger Empfangspunkt, der barrierefrei zu erreichen ist. Hier erfährt der Besucher auf 5 Kuben angeordnet, grundlegende Informationen zum Ort mit Lageplan und historischer Einordnung. Zudem gewährt der Empfangspunkt die Einstiegsmöglichkeit in eine bemerkenswerte APP.
Ein pädagogischer Sammelpunkt mit Sitzplätzen bietet Schülergruppen und anderen Besuchern schließlich die Möglichkeit sich zu sammeln und ins Gespräch zu kommen. Das kreisrunde Podest ist barrierefrei zu erreichen. Auch hier gibt es die Möglichkeit in die APP einzusteigen, die Audiogate, Übersetzer, Tourguide und Archiv zugleich ist.
„Die Mutter“, eine Skulptur des verstorbenen Bildhauers Wieland Schmiedel, steht zurückhaltend und mahnend zwischen den ehemaligen Häftlingsbaracken inmitten des ehemaligen Lagergeländes des Außenlagers Neustadt-Glewe. Seid wachsam!
Werte Gäste, unsere Gedenkstätte befindet sich direkt am Flugplatz Neustadt-Glewe und ist frei zugänglich!
In der Touristeninformation unserer Burg erhalten Sie weitere Informationen und eine Wegbeschreibung.